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AML - Advanced Mobile Location
Auch wenn es uns schwer fällt oder wir uns sogar gerne weigern, unsere Daten und Bewegungsprofile preiszugeben, so können gerade diese Daten Leben retten: Mittels Advanced Mobile Location (AML) lassen sich präzise Standortdaten bei eingehenden Notrufen ermitteln. Seit Ende des Jahres 2017 wird der Dienst von den Integrierten Leitstellen (ILS) des Bayerischen Roten Kreuzes getestet.
Im Jahr 2018 wurden in Europa 73 Prozent der Notrufe über Mobiltelefone abgesetzt – eine von vielen Herausforderungen, vor die uns die mobile Gesellschaft im digitalen Zeitalter stellt. Denn was, wenn der Anrufer selbst nicht weiß, wo er sich befindet und so seine genaue Position nicht durchgeben kann? Was, wenn er nur vage weiß, wo er sich befindet und keine Straßenschilder in der Nähe sind? Oder wenn Sprachbarrieren die Kommunikation erschweren? Wenn die Stresssituation, in der er sich befindet, sein Artikulationsvermögen blockiert? Fakt: In all diesen Situationen kann wertvolle Zeit gewonnen werden, wenn den Leitstellen automatisch übermittelte Positionsdaten vorliegen. Die Einsatzaufnahme und die Alarmierung von Rettungskräften werden so deutlich beschleunigt. Von hohem Nutzen hierbei: Advanced Mobile Location (AML). Der quelloffene Dienst zur Positionsbestimmung von Anrufern bei Nutzung einer Notrufnummer wird im europäischen Raum bereits in Belgien, Estland, Finnland, Großbritannien, Irland, Island, Litauen, den Niederlande, Norwegen, Österreich und Slowenien eingesetzt. Bayern testet ihn seit August 2017 in einem Pilotprojekt in den Integrierten Leitstellen (ILS) des BRK.
Speziell dafür wurde von Google mittels Geofencing Bayern als eigenständiges Land mit einem eigenständigen Übergabepunkt der Daten definiert. Durch diesen Übergabepunkt der Daten in Bayern wurde die ILS über eine browserbasierte Software angebunden. Google selbst nennt seine Integration in das Betriebssystem Android „Emergency Location Service“, abgekürzt ELS.
Seit Beginn des Testbetriebs wurden durch die ILS des BRK in Bayern ca. 300.000 Notrufe über die Notrufnummer 112 mit AML-Daten übermittelt. Für die Zeitersparnis, die AML ermöglicht, spricht, dass die Positionsdaten in nahezu allen Fällen mindestens zeitgleich mit dem „ersten Klingeln“ des Notrufgesprächs vorlagen.
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Die Funktionsweise der AML-Technologie ist so einfach wie effektiv: Wählt ein Anrufer die Notrufnummer 112, aktiviert sein Handy zu Gesprächsbeginn automatisch WLAN und GPS, auch wenn das vorher noch nicht der Fall war bzw. diese Funktionen am Endgerät dauerhaft deaktiviert wurden. Zeitgleich mit dem Notruf werden mit AML präzise Standortdaten abhörsicher per Internet an die ILS des BRK übermittelt. AML nutzt dafür nicht nur die Funkzellenposition, bei der die Standortbestimmung in einen größeren Unsicherheitsradius fällt (0,1 bis 30 Kilometer), sondern insbesondere auch alle anderen in den Smartphones integrierten Funktionen zur Positionsbestimmung wie WLAN und GPS. Hierdurch können Standortdaten mit einer Genauigkeit von wenigen Metern an die Leitstellen gesendet werden. Bei den Tests zeigte sich, dass fast 80 Prozent der Standortdaten mit einer Genauigkeit von 4-20 Metern angezeigt wurden. Weitere 19 Prozent lagen zwischen 21 und 65 Metern und lediglich ca. ein Prozent lag über 65 Meter Unsicherheitsradius. Die durch AML erhobene Daten, konkret die Mobiltelefonnummer und die Standortdaten (GPS-Koordinaten), werden nach wenigen Sekunden ermittelt und an einem definierten Übergabepunkt (einem nach ISO 27001 zertifizierten Rechenzentrum mit Standort in Würzburg) gespeichert. Diese werden dann durch die Weboberfläche im Browser abgerufen – und nach 60 Minuten automatisch gelöscht. Für die Darstellung der AML-Daten ist keine SMS, kein Weblink und auch keine auf dem Smartphone installierte App mehr notwendig. Die grafische Anzeige erfolgt vollkommen automatisch bei der Wahl der Notrufnummer 112.
AML – ein Konzept mit Zukunft? Seit knapp zwei Jahren testet das BRK als bundesweiter Vorreiter AML als Webapplikation, bereitgestellt von einem privaten Anbieter und verfolgt damit einen weiteren innovativen Ansatz, den Menschen noch besser zu helfen. Die Zwischenbilanz fällt dabei rundum positiv aus, gerade außerhalb geschlossener Ortschaften verifizieren die Disponenten in den ILS des BRK die Einsatzörtlichkeiten mit AML-Daten sicher und zuverlässig und können somit wichtige Sekunden im Einsatz einsparen. Aktuell erfolgt die Überführung des bayerischen AML-Übergabepunktes in den mittlerweile funktionsbereiten bundesweiten AML-Übergabepunkt der Leitstellen Freiburg und Berlin. Vermutlich ab September 2019 werden über den bundesweiten AML-Übergabepunkt sämtliche AML-Daten von Android und Apple- Smartphones den ILS zur Verfügung stehen.